Therapie des Lymphsystems
Dr. Yahor Budzko
Gleich gute Nachricht: es ist behandelbar, und zwar oft relativ einfach und schnell. Am besten behandelbar sind *typische* postoperative Lymphleckagen. Wesentlich schwieriger zu behandeln sind angeborene und komplexe Erkrankungen wie z.B. die Proteinverlust-Enteropathie (= Protein-losing entheropathy, oft kurz PLE genannt), bestimmte lymphatische Fehlbildungen oder High Output Leckagen (mehr als 1 Liter pro Tag). Jede Behandlung beginnt mit der richtigen Diagnose durch eine angemessene Diagnostik. Sobald das Problem richtig diagnostiziert ist, kann die Behandlungsstrategie geplant werden.

Die häufigste Behandlungsmöglichkeit ist die Durchführung einer Lymphographie mit Lipiodol: Damit kann das Problem sowohl diagnostiziert als auch behandelt werden. Der Grund dafür sind die Eigenschaften von Lipiodol: Das Medikament enthält Jod, was es ermöglicht, die Lymphgefäße mittels Röntgenstrahlen darzustellen. Zum anderen bremst Lipiodol dank seiner Viskosität (zähe Flüssigkeit, analog zu Öl) hydrodynamisch den Fluss der Lymphe durch das Lymphgefäß. Außerdem sammelt sich Lipiodol an der Stelle, an der das Lymphgefäß nach einer Verletzung (z. B. nach einer Operation oder einem Trauma) undicht ist, und führt zu einer fokalen Entzündung, die man nicht spürt und die nach einer gewissen Zeit (in der Regel 2 Wochen) zu einer Narbenbildung und damit zu einer Abdichtung der verletzten Stelle im Gefäß führt.

Die beiden besten Methoden, das Medikament in die Lymphgefäße zu bringen, sind die pedale Lymphographie (direkt über die Lymphgefäße am Fuß) und die nodale Lymphographie (direkt über die Lymphknoten im Körper). Jede Methode hat ihre eigenen Indikationen und Besonderheiten, die im Folgenden anhand von Beispielen näher erläutert werden.

Die pedale Lymphographie wird unter örtlicher Betäubung im Liegen durchgeführt. Es handelt sich um eine einfache und sehr wirkungsvolle Therapie aller möglichen Lymphlecks, vor allem zwischen Fuß und Leiste. Da die Lymphgefäße farblos sind, müssen sie zunächst sichtbar gemacht werden, indem ein ungefährlicher Farbstoff (Patentblau) in die Haut zwischen den Zehen gespritzt wird. Der blaue Farbstoff wird von der Lymphe aufgenommen, so dass die Gefäße sichtbar werden (Bild 1). Nach ausreichender örtlicher Betäubung wird das Gefäß freigelegt (Bild 2.) und das Medikament in das Gefäß gespritzt. Am Ende des Eingriffs wird die Wunde vernäht und mit einem Pflaster versorgt (Bild 3., 3 Wochen nach dem Eingriff und Fadenzug).
Bild 1
Bild 2
Bild 3
Für mich ist die pedale Lymphographie der Goldstandard und die Methode der Wahl, da sie einfach durchzuführen, für den Patienten gut verträglich und sehr effektiv ist.

Die nodale Lymphographie ist ebenfalls eine Standardmethode, bei der man mit einer sehr dünnen Nadel durch die Haut in einen Lymphknoten sticht und das Medikament direkt injiziert. Der erste Lymphknoten, der erreicht werden kann, befindet sich in der Leistengegend, daher wird die Methode am häufigsten bei Problemen ab der Leistengegend eingesetzt. Außerdem dient die Methode als Ergänzung zur oben beschriebenen pedalen Lymphographie.

Eine Sonderstellung in der Diagnostik und Therapie nimmt die Lymphozele ein: eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit in einer Körperregion. Diese kann unbemerkt und ohne Symptome auftreten und ist dann logischerweise auch nicht behandlungsbedürftig. Bei einer symptomatischen (= mit Beschwerden) Lymphozele gibt es viele Möglichkeiten der Abklärung und Behandlung. Die einfachste, aber auch effektivste Therapieoption ist die direkte Punktion mit einer sehr dünnen Nadel durch die Haut, vollständige Entleerung und Auffüllung mit einem schaumigen Medikament, das zu einer Verklebung und anschließenden Schrumpfung führt:

Hier auf dem Bild sieht man eine Nadel in der Lymphozele, nachdem bereits ein Schaum injiziert wurde (= sieht aus wie ein Luftballon).

Alle oben beschriebenen Methoden helfen bei der absoluten Mehrheit der Lymphprobleme, sind einfach durchzuführen, sehr effektiv, haben wenig Komplikationen, werden in Lokalanästhesie durchgeführt und erfordern maximal eine Nacht Krankenhausaufenthalt. Die Methoden können auch kombiniert und bei Bedarf wiederholt werden.

Mögliche Komplikationen sind selten und in den allermeisten Fällen nur vorübergehend. Je nach Methode sind Lymphödeme, Wundheilungsstörungen und Infektionen zu nennen.

References und Bilder:

1. Nadolski GJ, Itkin M. Feasibility of ultrasound-guided intranodal lymphangiogram for thoracic duct embolization. J Vasc Interv Radiol. 2012 May;23(5):613-6. doi: 10.1016/j.jvir.2012.01.078. Epub 2012 Mar 21. PMID: 22440590.

2. Imaging and interventions for lymphatic and lymphoid disorders. Jamaal Benjamin, Cathal O’Leary, Saebeom Hur, Alexey Gurevich, Willemijn M. Klein, and Maxim Itkin. Radiology 2023 307:3

3. Pan, F., Loos, M., Do, T.D. et al. The role of iodised oil-based lymphangiography and post-lymphangiographic computed tomography for specific lymphatic intervention planning in patients with postoperative lymphatic fistula: a literature review and case series. CVIR Endovasc 3, 79 (2020). https://doi.org/10.1186/s42155-020-00146-x

4. Contrast-enhanced interstitial transpedal MR lymphangiography for thoracic chylous effusions. Claus C. Pieper, Andreas Feisst, and Hans H. Schild. Radiology 2020 295:2, 458-466

5. Eigenes Krankengut